Angst verstehen:
- Sonja Grammel
- vor 6 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen

Ein Brief von deiner Angst an dich
Du magst mich nicht. Ich weiß das.
Du würdest mich am liebsten loswerden. So tun, als wäre ich nie da gewesen.
Ich bin oft zu viel. Zu laut. Zu nah.
Aber ich bin nicht grundlos hier.
Ich bin gekommen, um dich zu schützen.
Ich habe dich früh begleitet. Oft schon, als du noch klein warst
Ich habe aufgepasst, wenn niemand anderes es getan hat.
Ich war wach, wenn andere geschlafen haben.
Ich war da, wenn es unsicher wurde.
Wenn jemand zu nah kam. Wenn etwas zu schnell ging.
Ich habe dich zurückgehalten, damit du überlebst. Damit du nicht zerbrichst.
Ich weiß, heute brauchst du mich nicht mehr so oft.
Aber ich bin noch da – aus Gewohnheit, aus Sorge, manchmal auch aus Angst um dich.
Ich will dich nicht lähmen
Ich will dich schützen.
Manchmal verwechsel ich beides.
Das tut mir leid.
Ich wünsche mir, dass du mich nicht mehr bekämpfst.
Frag mich lieber: Warum bist du da?
Was willst du mir zeigen?
Was erinnert dich gerade an früher?
Ich bin nicht böse.
Ich bin nicht schwach.
Ich bin nur ein Teil von dir, der zu lange allein war.
Du musst mich nicht lieben.
Aber vielleicht kannst du mir zuhören.
Dann werde ich leiser.
Dann kann ich gehen, wenn es wirklich sicher ist.
Ich bin die Angst
Ich wollte nur, dass du das weißt.
Ein Wort von mir, meine Gedanken und meine Haltung zur Angst
Ein Klient hat einmal zu mir gesagt: „Ich glaube, die Angst ist und bleibt immer ein Teil von mir.“
Damals hat mich das erschreckt. Er soll doch dieses Gefühl nicht für immer fühlen.
Den Gedanken fand ich nicht schön.
Heute verstehe ich, was er gemeint hat.
Vielleicht gehört die Angst wirklich dazu.
Vielleicht will sie nicht stören, sondern erinnern.
Ich glaube, es ist wichtig, ihr zu begegnen – nicht, um sie loszuwerden, sondern um dich besser zu verstehen.
Ich sehe die Angst als Teil von uns.
Wie hell und dunkel. Wie oben und unten.
Wie alles, was sich in Gegensätzen bewegt.
Es gibt kein Licht ohne Schatten. Kein Mut ohne Angst. Kein Vorwärts ohne Zögern.
Die Angst gehört dazu – nicht als Fehler, sondern als Teil des Ganzen.
Manchmal gerät dieses Gleichgewicht aus der Balance.
Dann wird die Angst zu groß, zu laut, zu bestimmend. Sie drängt sich in dein Leben, obwohl sie eigentlich nur ein Teil davon sein will.
Das ist der Moment, in dem du hinschauen darfst.
Was hat dich aus dem Gleichgewicht gebracht?
Was war zu viel – oder was hat dir gefehlt?
Vielleicht hast du als Kind schon viel Angst gespürt.
Vielleicht war niemand da, der sie eingeordnet hat.
Dann hast du irgendwann gelernt, sie zu verdrängen.
Und heute wirkt sie fremd, bedrohlich, zu nah.
Aber weißt du was, sie war nie weg. Sie hat gewartet – auf den Moment, in dem du ihr zuhörst.
Du musst dich nicht von ihr leiten lassen.
Aber vielleicht kannst du ihr einen Platz geben.
Nicht, weil sie Recht hat. Sondern weil du heute entscheiden kannst, wer du bist – und wem du folgen willst.
Von Herzen
Sonja
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