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Warum du manchmal zu viel spürst und was wirklich dahinter steckt

  • Sonja Grammel
  • 2. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

Manche Menschen spüren die Stimmung im Raum, bevor jemand etwas sagt.

Ein Blick, eine Anspannung, ein unausgesprochenes Gefühl und schon verändert sich etwas im Körper.

Oft wirkt es völlig real. Aber wenn man ganz ehrlich hinschaut, bleibt eine leise Frage:

Gehört das eigentlich zu mir?


Feines Spüren ist nichts Mystisches, sondern eine kluge Anpassung.


Dieses intensive Spüren ist nichts Esoterisches. Kein „Ich nehme Energien wahr“ im überhöhten Sinn.

Es ist ein Nervensystem, das sehr fein eingestellt ist und das hat einen Grund: Oft haben Menschen, die so viel spüren, früh gelernt, wachsam zu sein.

Wenn Bindung unsicher war. Wenn jemand launisch war. Wenn man Stimmungen lesen musste, um sich sicher zu fühlen. Dann lernt der ganze Körper: Ich muss genau hinfühlen.

Vorher. Immer.

Diese Daueraufmerksamkeit bleibt oft unbewusst. Man lebt damit, als wäre es normal.

Bis der Punkt kommt, an dem es zu viel wird.


Mein Erlebnis: Die Kirmes

Ich erinnere mich an einen Tag auf der Kirmes.

Menschen, Musik, Bewegung, Lichter. Es war nichts Schlimmes dabei.

Aber irgendwann war es, als würde mein System dichtmachen.

Keine Angst. Keine Panik. Kein Herzrasen.

Aber ein ganz schweres Gefühl in der Brust und im Bauch.

Unklar, aber sehr deutlich:„Ich muss hier sofort weg.“

Nicht, weil ich Menschenmengen nicht aushalte.

Nicht, weil etwas konkret nicht stimmte.

Sondern weil dieser Ort, so wie er war, für mein System nicht gut war.

Im Nachhinein wurde mir bewusst: Das war kein „Zuviel“ im klassischen Sinn.

Es war, als hätte ich alles aufgenommen, was dort geschwungen ist und mein Nervensystem konnte nichts mehr davon abgrenzen.

Ich hatte keine typischen Stresssymptome. Kein Herzrasen, kein Schwindel, keine Enge.

Es war eher wie ein Brain Fog – ein dumpfer Nebel im Kopf. Und später einfach nur:

Schwere. Leere und der Wunsch nach Ruhe.

Das war nicht immer so bewusst. Früher kannte ich nur diesen inneren Drang: Ich muss hier weg.

Ich habe es nie verstanden , aber mein Körper wusste es längst.


Was man spürt, ist nicht immer das Eigene

Viele Menschen leben mit dieser offenen Wahrnehmung, ohne es zu wissen.

Sie spüren etwas und halten es für ihr eigenes Gefühl.

Aber vielleicht gehört es zu jemand anderem.

Vielleicht ist es die Anspannung im Raum. Der Druck von Erwartungen. Oder alte Muster, die sich melden.

Wenn man das nie gelernt hat zu unterscheiden, ist das kein Wunder.

Denn darüber wird kaum gesprochen.

Wer sagt einem schon, dass man Gefühle übernehmen kann, ohne es zu merken?


Übersensibel oder einfach feinfühlig?

Viele nennen das „Übersensibilität“.

Ich mag das Wort nicht besonders, weil es suggeriert, man wäre „zu viel“.

Dabei ist dieses feine Spüren oft eine echte Ressource.

Es war vielleicht früher notwendig und ist heute einfach sehr stark ausgeprägt.

Trotzdem:

Wenn man sich selbst immer wieder verliert oder überfordert fühlt, darf man das ernst nehmen.

Nicht als Schwäche. Sondern als Einladung, es besser zu verstehen.


Schutz beginnt nicht bei Grenzen, sondern bei Bewusstsein

Und wie schützt man sich davor?“

Ich glaube, dass ist nichts, was man einfach kann.

Auch ich muss das immer wieder neu lernen und manchmal, wie auf der Kirmes, merke ich es erst hinterher.

Aber genau da fängt es an: Dass ich es überhaupt merke.

Was mir hilft:

Zeit mit mir selbst. Weniger Reize. Nicht sofort wieder in Kontakt.

Ich brauche Räume, in denen ich allein bin, dass reicht mir dann schon.

Ich komme wieder in Verbindung mit mir. Nicht mit allem um mich herum.


Was helfen kann:

  • überhaupt wahrnehmen, wenn etwas „zu viel“ ist

  • den Körper ernst nehmen, auch wenn er keine lauten Symptome zeigt

  • bewusst innerlich einen Schritt zurückgehen

  • Pausen machen, auch mitten im Trubel

  • den Impuls „Ich muss hier weg“ nicht länger abwerten, sondern verstehen

  • sich nicht dafür entschuldigen, dass man feiner spürt als andere

Man muss das üben. Und man darf es lernen.

Ohne Schuld. Ohne Druck.

Aber mit Haltung.

Fazit

Vielleicht war dieses feine Spüren früher notwendig.

Heute darf es bewusster werden.

Nicht weniger. Nicht weg.

Aber so, dass du dich dabei nicht verlierst.

Und genau das ist für viele ein Anfang zu merken, wann etwas nicht mehr zu dir gehört und dir selbst die Erlaubnis zu geben, damit aufzuhören, es zu tragen.

 
 
 

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