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Angst ist clever und tarnt sich gut

  • Sonja Grammel
  • 15. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 21. Juli

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Manchmal fühlt es sich nicht an wie Angst. Sondern wie Vernunft. Oder wie Realismus. Oder wie ein sinnvoller Plan. Ich muss nur noch dieses eine Gespräch führen, dann fange ich an.

Ich höre das oft von Klientinnen und Klienten. Und von mir selbst. Es klingt vernünftig. Es klingt logisch. Aber oft ist es genau das nicht.

Denn Angst ist clever. Sie tarnt sich. Sie stellt sich nicht immer vorne hin und ruft: Hallo, ich bin die Angst. Nein, sie versteckt sich in Gedanken, die scheinbar klug klingen. In Argumenten, die uns schützen sollen. In Aufschieben, das sich wie Planung anfühlt.


Angst ist nicht immer laut

Wenn Menschen an Angst denken, denken sie oft an Panik. An Herzrasen, an flache Atmung, an Flucht. Aber Angst kann auch ganz leise sein. Sie kann sich als Zweifel zeigen, als ständige Planung, als innerer Kritiker. Als Gefühl, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt ist. Oder dass noch etwas fehlt.

Ich glaube, Angst ist oft verkleidet.

Und das macht sie so mächtig. Denn wenn ich sie nicht erkenne, kann ich auch nicht entscheiden, ob ich ihr folgen will.


Kontrolle ist auch oft Angst in Verkleidung

Manche Menschen sagen: Ich bin einfach ein Kontrolltyp. Oder: Ich brauche Struktur, sonst werde ich nervös. Aber manchmal ist dieses Bedürfnis nach Kontrolle nichts anderes als ein Versuch, der Angst auszuweichen. Wer alles im Griff hat, glaubt, sich sicher zu fühlen. Wer plant, vermeidet Ungewissheit. Wer alles durchdenkt, muss keine unangenehme Überraschung fürchten.

Aber Kontrolle ist keine echte Sicherheit. Sie schützt nicht vor dem Leben. Sie ist ein Versuch, die Angst zu beruhigen, und genau das macht sie zu ihrem Werkzeug.

Und oft übersehen wir dabei: Das Leben lässt sich nicht kontrollieren. So sehr wir es auch versuchen. Es bleibt ein Trugschluss, und oft kostet uns dieser Versuch mehr Energie, als er uns gibt. Wirkliche Veränderung beginnt da, wo wir langsam lernen, Kontrolle loszulassen. Und stattdessen Vertrauen entwickeln. Vertrauen in uns. In das, was kommt. In die eigene Fähigkeit, mit dem Leben umzugehen, auch wenn es anders läuft als geplant.


Prokrastination ist oft getarnte Angst

Viele sagen: Ich bin einfach zu bequem. Ich schiebe immer alles auf. Ich kriege es nicht hin. Aber ganz oft ist das nicht die Wahrheit. Es ist nicht Bequemlichkeit. Es ist nicht Unfähigkeit.

Es ist Angst. Respekt vor dem Berg, der vor einem liegt. Angst, zu scheitern. Angst, was passiert, wenn ich wirklich losgehe.

Also schieben wir. Machen erst noch dies. Oder das. Oder checken nochmal Instagram. Nicht, weil wir nicht wollen. Sondern weil wir Schutz suchen. Unbewusst. Weil wir glauben, dass wir es sonst nicht schaffen.

Aber dieser Schutz wird zur Falle. Er hält uns fest. Und irgendwann glauben wir: Ich bin halt so. Ich krieg das nie hin.


Die Angst meint es nicht böse, aber sie lenkt dich vom Leben ab

Angst will schützen. Immer. Sie kommt nicht, um dich zu sabotieren. Sondern, weil sie denkt, dass du es brauchst.

Weil irgendwo in dir eine Erfahrung liegt, die mal wehgetan hat.

Ein Satz. Ein Blick. Ein Moment, in dem du dich klein gefühlt hast.

Aber was damals gestimmt hat, muss heute nicht mehr stimmen. Du bist gewachsen. Du triffst heute andere Entscheidungen. Wenn du dich erinnerst, dass du nicht dein inneres Kind bist, sondern heute Verantwortung trägst.

Dann kannst du dich neu entscheiden.


Woran du erkennst, ob es Angst oder Vernunft ist

  • Ist der Gedanke eng oder weit?

  • Fühlt sich der Plan beruhigend an oder vermeidend?

  • Verändert er etwas für dich oder hält er dich im Kreis?

Diese drei Fragen helfen oft. Nicht immer. Aber oft. Vor allem dann, wenn du ehrlich zu dir bist.


Du musst nicht perfekt mutig sein

Du musst nicht alles sofort anpacken. Nicht sofort loslegen. Nicht alles in den Griff kriegen.

Aber wenn du merkst, dass du immer wieder wartest, schiebst, zweifelst – dann ist vielleicht nicht der perfekte Plan gefragt.

Sondern ein Schritt. Einer, der sich nicht logisch anfühlt. Sondern lebendig.

Wenn du magst, geh ich ihn mit dir.


Angst gehört zu dir, und das ist wichtig

Angst ist nicht böse. Sie ist ein Teil von dir. Ein wichtiger Teil. Ohne sie würdest du Gefahren nicht erkennen. Würdest Entscheidungen treffen, die dir schaden. Angst schützt dich – vor zu viel, zu schnell, zu riskant.

Aber sie darf nicht zu groß werden. Denn wenn sie zu laut wird, macht sie dich klein. Dann wird der Blick eng, der Spielraum schmal, das Leben kontrolliert.

Angst soll dich nicht lähmen. Sie soll dich aufmerksam machen. Und dann wieder in den Hintergrund treten. Damit du wählen kannst. Damit du wieder spürst: Ich bin nicht die Angst – ich habe sie.

Hier kannst du ein kostenloses Infogespräch vereinbaren


 
 
 

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